Dabei muss Integration nicht schwierig sein. Schon Kleinigkeiten können helfen, dass sich Migranten und Migrantinnen willkommen fühlen. Doch wo fängt man an und was macht man bereits richtig?
Am Anfang jedes Prozesses steht deshalb eine Ist-Analyse. Der STB hat hierfür gemeinsam mit dem Internationalen Bund (IB) im Zuge des Projekts aktiF – aktiv integrativ – Frauen im Verein einen Selbstcheck
entwickelt, der dabei helfen soll, die Stärken und Schwächen eures Vereins in Bezug auf die Integration von Migrantinnen zu überprüfen. Es werden Fragen zu Teilnehmer/innen, zu Mitarbeiter/innen, zum politischen Leitbild und vielen weiteren Aspekten, die den Verein betreffen abgefragt. Bei der Auswertung wird euch und eurem Verein aufgezeigt, in welchen Punkten ihr bereits gut aufgestellt seid und an welchen Punkten ihr
noch arbeiten könnt.
Doch wie geht es weiter?
Auch im nächsten Step findet euer Verein Unterstützung von uns und dem IB. Eine Mindmap bildet die Bereiche aus dem Selbstcheck übersichtlich ab und bietet gleichzeitig Platz für eigene Ideen. Sie ist in die vier Bereiche Vereinsstruktur, Vereinspolitik, Vereinsangebote und Vereinskommunikation eingeteilt. Sucht euch einen Bereich aus und schaut, wie und ob ihr in diesem Bereich interkulturell tätig werden könnt und auf welchen Ebenen ihr bereits interkulturell tätig seid. Anschließend könnt ihr gemeinsam Ziele formulieren, mithilfe derer ihr euch in den entsprechenden Bereichen verbessern könnt. Bei der Formulierung der Ziele sollte darauf geachtet werden, dass diese SMART sind, d. h. sie sollen
- Spezifisch oder eindeutig
- Messbar
- Attraktiv
- Realistisch, also mit den gegebenen Voraussetzungen erreichbar und
- Terminiert sein.
Nachdem die smarten Ziele formuliert worden sind, gibt es auch bei der Umsetzung Unterstützung von uns. Im letzten Step können mit unserer Toolbox die Ziele nach und nach umgesetzt werden. In dieser findet ihr wichtige Informationen zu den unterschiedlichsten Themen und diverse Checklisten. Diese helfen dabei, die Aufgaben in den verschiedenen Arbeitsbereichen der Vereine optimal aufzuteilen, um die anschließende Umsetzung sicherzustellen.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus drei Jahren Projekterfahrung:
- „leichte Sprache“ als Kommunikationsstil schließt mehr Menschen ein
- Ein Sprachmix aus Deutsch und anderen Landessprachen fördert die Kommunikation
- Mund zu Mund Propaganda ist effektiver
- Es sollten immer mehrere Frauen zusammen angesprochen werden
- Durch lokale Partner, die bereits Kontakt zu Migrantinnen haben, können die Frauen leichter erreicht werden
- Geschützte Räume in denen Sport ausgeübt werden kann ist wichtig, vor allem das Sporttreiben ohne Männer
- Sportlicher Ehrgeiz steht an zweiter Stelle
Best Practice Beispiel: TSV Waldenbuch – Gymnastikkurs
Vom Leistungssport über den Breitensport bis hin zu Gesundheitsund Rehasportangeboten können sich beim TSV Waldenbuch Individualsportler und Mannschaftssportler austoben. Mit 1888 Mitgliedern in 13 Abteilungen ist der TSV der größte Sportverein in Waldenbuch. Unter diesen Mitgliedern befinden sich viele Männer, Frauen und Kinder unterschiedlicher Kulturen. Seit 2017 gibt es außerdem einen aktiF- Fitnesskurs, der mit funktioneller Gymnastik und Entspannungsübungen vor allem sportlichen Neueinsteigerinnen mit Migrationshintergrund Lust auf Bewegung machen soll. „Bei der Arbeit mit Migrantinnen ist es
wichtig, diese persönlich anzusprechen und Geduld mitzubringen. Es kommen nicht immer direkt Unmengen an Frauen, wenn man einen neuen Kurs anbietet. Außerdem ist es wichtig, den Kurs in einem geschützten Raum anzubieten. Hierauf legen die Frauen großen Wert“, sagt Ulrike Deinaß, Verantwortlich für die Sparten Prävention und Rehasport beim TSV Waldenbuch.
Aus diesem Grund wurde großen Wert auf die Privatsphäre während des Kurses gelegt, sodass auch gläubige Musliminnen die Teilnahme erleichtert wurde. Zu Beginn richtete sich der Kurs speziell an Frauen aus der benachbarten Flüchtlingsunterkunft. Mit der Zeit konnte über den örtlichen Moscheeverein auch eine Gruppe von Frauen begeistert werden, die bereits seit mehreren Jahren in Deutschland lebt, aber den Weg noch nicht in den Sportverein gefunden hat. „Mittlerweile hat sich eine zunehmend gemischte Gruppe gebildet, die den Kurs regelmäßig besucht“, so Deinaß. Inzwischen gehört der Kurs fest zum Programm des TSV und soll auch nach dem Projekt von aktiF fortgeführt werden. „Wir wollen in Zukunft neue Frauen auch aus anderen Kulturen gewinnen und sie für Sport begeistern. Aus diesem Grund öffnen wir die Kurse auch für Nicht-Mitglieder unseres Vereins. Dadurch wird die Hemmschwelle verringert und es kommen mehr Frauen.“
Als Fazit aus drei Jahren Projekterfahrung zieht Deinaß: „Es ist nicht einfach die Frauen zum Sport zu bewegen und man muss die eigene Erwartungshaltung an die Teilnahme und Verlässlichkeit runterschrauben, aber wenn man die Frauen für sein Angebot begeistern kann, bekommt man sehr viel zurück. Es ermöglicht einem eine ganz neue Sicht auf die Dinge und man kann auf jeden Fall von den anderen Kulturen profitieren.“
Neben dem Kurs wurde zudem ein „Special für Frauen“ angeboten. Einen ganzen Tag verbrachten Migrantinnen, aber auch Einheimische mit Qi Gong, Pilates und Kanga-Training. Auch für die Kinder war an diesem Tag gesorgt. Diese konnten sich unter Aufsicht in einem anderen Hallenteil austoben.